Kamera läuft – Alle auf Abstand!

Mittwoch, 9. Dezember 2020 | 

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Nachdem die Universität den Lehrbetrieb in Präsenz mit Beginn des „Lockdown light“ nach zu Anfang des Wintersemesters aufgekeimter Hoffnung wieder völlig eingestampft hatte, war damit die Aussicht auf so etwas wie „normales“ Unileben erneut ausnahmslos auf unbestimmte Zeit vertagt. Dank einer von Seiten des Rektorats ausgestellten Sondererlaubnis durften die Studierenden des FZ-Studiengangs Deutsch-Französische Journalistik sich dennoch für ein Seminar nicht nur im virtuellen, sondern im ganz realen Raum zusammenfinden – natürlich im Freien, natürlich auf Abstand.

Unterwegs sein, sich unter die Menge mischen, O-Töne einfangen, Nahaufnahmen im Namen der Schlagzeile – es sind diese Dinge, die das journalistische Handwerk nicht nur ausmachen, sondern die Arbeit von Journalist*innen maßgeblich bedingen. Auch wenn die Arbeit an Schreibtisch, an Telefon und Computer den Arbeitsalltag in den Redaktionen ebenso bestimmt, ist ohne die Basis der Recherche vor Ort eine ganze Zunft weitestgehend der Möglichkeit ihrer Berufsausübung beraubt.

Insbesondere Journalist*innen in Ausbildung, denen genau dieses Handwerkszeug ja gerade erst in die eigenen Hände gelegt werden soll, sind auf das Ausprobieren und das Scheitern, Wachsen und Weitermachen durch Erfahrung und den Austausch mit Mentor*innen in besonderem Maße angewiesen. Und auch, wenn vieles in der Theorie erklärt, in Gedanken oder digital simuliert werden kann, ist das arbeitspraktische Zusammenkommen insbesondere im Rahmen der Ausbildung der Nachwuchsjournalist*innen von Bedeutung. – Genau diese Argumente haben das Rektorat nach sorgfältigem Abwägen dazu bewogen, den Studierenden des Studiengangs DFJ die Möglichkeit zu geben, wenigstens einen Tag lang – natürlich unter strengsten Hygieneauflagen – gemeinsam die Arbeit hinter der Kamera auszuprobieren.

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In vier Kleingruppen trafen sich die 12 Studierenden des aktuellen Jahrgangs also am 24. November an verschiedenen Orten in der Stadt, um an ihren Kleinproduktionen zu arbeiten. Unterstützt wurden sie dabei vom dem Frankreich-Zentrum seit vielen Jahren verbundenen erfahrenen Journalisten Karsten Kurowski, der auch an anderen Punkten (beispielsweise in Interviewsituationen) mit Rat und Tat zur Seite stand. Die Teamarbeit und das Herauskommen aus den eigenen vier Wänden tat allen Studierenden sichtlich gut, wie ihre positiven Erfahrungsberichte bezeugen.

Dennoch ist unter den momentanen Ausnahmebedingungen vieles erschwert, die Produktionen lassen sich nicht innerhalb der jeweils zweieinhalb Stunden komplettieren, die jeder Gruppe zur Verfügung stehen. Auch mit dem gemeinsamen Drehtag stellen sich die Herausforderungen der Vor- und Nachbereitung, die in vielerlei Hinsicht im Augenblick besonders groß sind. Schon die Verfügbarkeit von unbedingt notwendigen Interviewpartner*innen ist offensichtlich eingeschränkt. Insbesondere beim Schneiden aber – jede*r, der / die sich daran schon einmal selbst versucht hat, dürfte wissen, dass es sich um keine ganz leichte Aufgabe handelt – stellte sich das Seminar, wie eine Studentin schildert, aufgrund der eingeschränkten Kommunikationswege teils sehr voraussetzungsreich und damit herausfordernd dar.  Eine Einführung in den Schnitt konnte aus bekannten Gründen nicht gegeben werden, weswegen jede*r vor allem sich selbst überlassen war. Auch die vermeintliche „Schreibtischarbeit“ der Journalist*innen, so zeigt sich hier, ist ohne praktische Unterstützung deutlich erschwert.  – „Wenn das zugehörige TV-Analyse-Seminar, das zur Vorbereitung angesetzt gewesen ist, auch in Präsenz hätte stattfinden können, hätte das einiges erleichtert“, so eine der Nachwuchsjournalist*innen.

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In schweren Zeiten aber nimmt man bekanntlich das, was man kriegen kann, auch wenn es mit erheblichen Erschwernissen einhergeht, an die man sich teils nur mit Mühe gewöhnt. Der Drehtag war, „obwohl wir zwischendurch sehr gefroren haben und irgendwann froh waren, dass wir nach Hause durften, wirklich motivierend und hat großen Spaß gemacht“, wie eine andere Studentin berichtet. Eine Ermutigung, die noch kommenden Härten durchzustehen, sich in vielem auf das Laboratorium am eigenen Schreibtisch beschränken zu müssen.

Das nächste Treffen in größerer Runde wird vielleicht frühestens im Februar des kommenden Jahres stattfinden können, bis dahin wird es wohl heißen, sich mit viel grauer Theorie herumzuschlagen. Gleichzeitig laufen die praxisorientierten Formate natürlich trotzdem weiter: Der kreative Umgang mit den Möglichkeiten der Online-Veranstaltungen (insbesondere „Techniken des Interviews“ (Hörfunk) und das „Zeitungsprojekt“), im Rahmen derer die Dozent*innen ihr Bestes geben, mit kreativen Ideen aus der Not eine Tugend zu machen, ist hier wirklich bemerkenswert. – Auch das gehört in gewisser Weise zum journalistischen Arbeitsalltag. Außerdem ist geplant, eine weitere Sondererlaubnis für die Veranstaltung „Sprechen und moderieren“ einzuholen, da hier insbesondere Körpersprache und das Spiel mit der Kamera eine große Rolle spielen.

Es bleibt dennoch zu hoffen, dass der Frühling wieder bunter wird, dass das Leben irgendwann nicht mehr auf Pause gedrückt, sondern in aller Lebendigkeit eingefangen werden kann, in Deutschland, in Frankreich und überall.

Thema: Allgemein, Deutsch-Französische Journalistik, Studiengänge | Kommentare geschlossen